Psychische Störung oder Erkrankung in der Familie2022-08-25T15:44:05+01:00

Psychische Störung oder Erkrankung in der Familie

Hast Du Dich vielleicht schon einmal gefragt warum sich Deine Mutter oder Dein Vater anders verhalten als die Eltern deiner Freunde? Vielleicht sind sie nicht mehr so aktiv wie früher, so zuversichtlich oder fröhlich? Oder gibt es vielleicht sogar Situationen, in denen Dir das Verhalten deiner Eltern fremd vorkommt, weil sie besonders traurig wirken, misstrauisch oder sogar feindselig? Dies kann auf eine psychische Störung oder Erkrankung hinweisen. 

Veränderungen der Psyche beginnen meist schleichend und sind oft nicht gleich als solche erkennbar. Im Verlauf einer psychischen Beeinträchtigung können sich die Wahrnehmung der Umwelt, das Bewusstsein und das Verhalten der Betroffenen stark verändern. Bei spezifischen Erkrankungen leidet sogar die Orientierung für Raum und Zeit.

Was bedeutet das für Angehörige? 

Die daraus entstehenden Situationen sind für Angehörige meist eine große Herausforderung. Geliebte und vertraute Menschen verhalten sich ganz anders als vorher und erscheinen manchmal sogar fremd. Vielleicht weint Deine Mutter nun häufig oder Dein Vater liegt viel im Bett. Vielleicht sind bestimmte Dinge im Alltag nun sehr kompliziert, die vorher selbstverständlich waren, wie z.B. U-Bahn fahren oder sogar das Verlassen der Wohnung. Vielleicht sind Deine Eltern häufig gereizt oder fühlen sich kraftlos und Ihr streitet mehr. Besonders für Kinder und Jugendliche ist das veränderte Verhalten der Eltern im Zusammenhang mit psychischer Beeinträchtigung oft schwer einzuordnen. Insbesondere dann, wenn in der Familie über die Erkrankung oder Störung nicht offen gesprochen wird oder es vielleicht noch gar keine klare Diagnose gibt.

Ob jemand psychisch erkrankt ist oder an einer psychischen Störung leidet, ist selbst für Ärzte nicht immer leicht erkennbar. Oft dauert es lange, bis eine eindeutige Diagnose gestellt werden kann und somit auch eine mögliche Therapie begonnen werden kann.

Trotzdem sind psychische Erkrankungen und Störungen oft sehr gut und effektiv behandelbar. Psychiater*innen, Psycholog*innen oder auch Sozialarbeiter*innen kennen sich mit Erkrankungen der Psyche und der Seele gut aus und können sowohl den Betroffenen als auch den Angehörigen helfen und in schwierigen Zeiten unterstützend zur Seite stehen.

Psychische Störung – Scham und Tabu 

Gesellschaftlich sind psychische Erkrankungen und Störungen leider immer noch weit weniger als Krankheit anerkannt, als körperliche Beeinträchtigungen. Das erschwert für Betroffene und ihre Familien häufig den offenen Umgang und das Sprechen über ihren Gesundheitszustand. Obwohl rund 28 % aller Menschen in ihrem Leben daran erkranken, gibt es zu psychischen Erkrankungen und Störungen häufiger Vorurteilen und Tabus. In der Folge sind die erkrankten Menschen und ihre Familienmitglieder häufig mit Gefühlen von Scham und Schuld konfrontiert. Für Familien können diese Gefühle zu einem großen Hindernis werden, weil dann seltener Hilfe von Fachkräften und Beratungsstellen angenommen wird. 

Auch viele Kinder und Jugendliche, die ein Familienmitglied mit einer psychischen Krankheit haben, schämen sich manchmal vor Anderen dafür. Manchen ist es peinlich oder unangenehm, wenn Fremde oder Freunde das seltsam scheinende Verhalten der kranken Person mitbekommen. Viele Kinder und Jugendliche ziehen sich deswegen zurück, laden keine Freunde mehr zu sich nach Hause ein und reden kaum über die Situation zu Hause.

Doch es ist ganz besonders wichtig darüber zu sprechen und sich nicht dafür zu schämen. Denn weder Du noch die kranke Person sind schuld daran. Es kann Dir auch schon helfen zu verstehen, was das eigentlich genau für eine Krankheit ist, welche Auswirkungen sie hat und wie man damit umgehen kann.

Wenn Du einmal wütend auf die kranke Person bist, ist das vollkommen in Ordnung, auch Du darfst Gefühle zeigen. Denk aber immer daran, dass sich die kranke Person das nicht ausgesucht hat und sich nicht mit Absicht so verhält. Dies auszuhalten kann aber ganz schön anstrengend sein. Sprich darüber gerne mit uns oder Freunden, wenn es dich belastet.

Wenn in Deiner Familie jemand eine psychische Krankheit hat oder an einer psychischen Störung leidet, kann es für Dich schwer sein, Hilfe zu bekommen, mit anderen darüber zu sprechen und wichtige Infos zu kriegen. Wir wollen Dir im Folgenden einen Überblick über häufige psychische Krankheiten geben.

Hier findest Du Bücher über Kinder, die über Depressionen oder psychische Erkrankungen der Eltern erzählen.

Wertvolle Tipps, Hilfe und Beratung bekommst Du über unsere Online Beratung. Hier kannst Du Dir auch gerne mal einfach Deinen Gedanken oder Deinen Frust von der Seele reden. Wir sind für Dich da und hören Dir zu.

Eine Psychische Störung tritt häufiger auf als Du denkst

Bereits jeder vierte Deutsche leidet zumindest vorübergehend einmal in seinem Leben an Formen einer psychischen Erkrankung. Dabei sind die Symptome, die Dauer und die Auslöser recht unterschiedlich. Allgemein bekannt sind vor allem Depressionen, Schizophrenie und Angststörungen.

Übersicht von Psychischen Störungen und Erkrankungen

  • Depression
  • Schizophrenie
  • Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit
  • Angststörung
  • Zwangsstörung
  • Somatoforme Störung
  • ADHS
  • Burnout-Syndrom
  • Essstörungen, wie Bulimie oder Magersucht
  • Tourette-Syndrom
  • Traumafolgestörungen

Psychische Störung: Die fünf häufigsten Formen

  • Angststörung
  • Depression
  • Somatoforme Störung (Schmerz ohne körperliche Ursachen)
  • Zwangsstörung
  • Alkoholstörung

Die meisten psychischen Störungen entwickeln sich langsam über einen längeren Zeitraum. Oft sind sie vor allem am Beginn nicht gleich als Krankheit erkennbar.

Angststörung

Ängste begleiten jeden Menschen von Zeit zu Zeit und sind völlig normal. Doch wenn die Angstzustände zunehmen und über längere Zeit auffallend stark bestehen, können sie auf eine psychische Erkrankung hindeuten.

Wenn die Angst vor bestimmten Dingen so stark ausgeprägt ist, dass die betroffene Person und auch Personen in unmittelbarer Umgebung darunter leiden, sollte Hilfe gesucht werden.

Oft fürchten sich Menschen vor Spinnen (Spinnenphobie), Menschenansammlungen oder Enge (Klaustrophobie).

Mögliche Symptome einer Angststörung:

  • Herzrasen
  • Beklemmungsgefühle
  • Rasender Puls
  • Schweißausbrüche und Gänsehaut
  • Zittern
  • Atembeschwerden
  • Erbrechen und Durchfall
  • Panikattacken

Bei manchen Betroffenen sind die Ängste so stark, dass ein normales Leben nicht mehr möglich ist. Sie verlassen ihr Haus nicht mehr und entwickeln ein zwanghaftes Verhalten. Vermehrtes Händewaschen aus Angst vor Bakterien oder ein rituelles Zusperren der Türen aus Angst, dass diese noch offen sind, wie bei der Zwangsstörung. Es gibt verschiedenste Formen und Ausprägungen dieser Art der psychischen Störung.

Depression

Menschen, die unter einer Depression leiden, haben die meiste Zeit über schlechte Gedanken und Ängste. Sie neigen dazu in allem etwas Negatives zu sehen. Das ist für Familienmitglieder oft nur schwer zu ertragen.

In manchen Fällen ziehen sich depressive Menschen auch zurück.

Depressionen zeigen sich sowohl im Verhalten als auch emotional und körperlich.

Mögliche Symptome einer Depression:

  • Zieht sich zurück und bleibt lieber zu Hause.
  • Vermeidet Kontakt mit anderen Menschen.
  • Hat oft negative Gedanken und traut sich nichts zu.
  • Trinkt öfter Alkohol oder nimmt Beruhigungsmittel.
  • Hat Probleme sich zu konzentrieren.
  • Fühlt sich schnell überfordert und für alles verantwortlich.
  • Ist unglücklich und wirkt traurig.
  • Ist müde und antriebslos.
  • Hat Schlafprobleme und geringeren Appetit

Depression ist aber nicht gleich Depression. Es gibt verschiedene Arten, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Depressionen sind weit verbreitet und können, sofern sich die Betroffenen helfen lassen, relativ gut behandelt werden.

Scheue Dich also nicht einen Arzt anzusprechen, wenn Du das Gefühl hast ein Familienmitglied könnte unter einer Depression leiden.

Somatoforme Störung

Wenn Menschen Schmerzen haben, es jedoch keinen ersichtlichen körperlicher Grund dafür gibt, spricht man von einer somatoformen Störung. Dieser „eingebildete Schmerz“ kann durch Angst vor einer Erkrankung oder einer früheren Erkrankung ausgelöst werden.

Menschen mit einer somatoformen Störung täuschen die Beschwerden nicht gewollt vor, sie empfinden den Schmerz wirklich. Der Arzt kann dafür jedoch keine medizinische Erklärung finden.

Mögliche Anzeichen und Auswirkungen einer somatoformen Störung:

  • Unklare körperliche Beschwerden.
  • Über einen Zeitraum von mehr als sechs Monate.
  • Schwierigkeiten im Alltag aufgrund der Beschwerden.

Diese Schmerzen können den gesamten Körper betreffen. Häufig treten Beschwerden jedoch im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems, des Magen-Darm-Traktes, in den Muskeln und Gelenken und bei der Atmung auf.

Zwangsstörung

Diese Art der psychischen Erkrankung ist auch unter Zwangsneurose bekannt. Dabei kann der Betroffene bestimmte Gedanken oder Tätigkeiten nicht unterdrücken. Diese Zwanghaftigkeit bestimmt deren Leben und beeinträchtigt das Familienleben meist sehr.

Mögliche Symptome einer Zwangsstörung:

  • Gedanken, die immer wieder kommen und als sehr unangenehm, sinnlos und quälend empfunden werden.
  • Zwanghafte Handlungen, wie etwa Zählzwänge, Ordnungszwänge, Waschzwänge oder Kontrollzwänge.
  • Angst davor, ungewollte Impulshandlungen auszuführen. Um diese zu vermeiden, werden Rituale wie das ständige Wiederholen eines Wortes oder Rückwärtsgehen durchgeführt.

Menschen mit einer stark ausgeprägten Zwangsstörung leiden immens darunter und sind oft nicht mehr in der Lage ihrem Beruf nachzugehen oder zwischenmenschliche Beziehungen zu führen.

Alkoholstörung

Wird Alkohol über einen längeren Zeitraum in großen Mengen konsumiert, spricht man von einer Abhängigkeit. Diese verursacht mit der Zeit nicht nur körperliche Beschwerden, sondern auch psychische.

In den meisten Fällen tritt eine Alkoholstörung in Kombination mit einer anderen psychischen Erkrankung auf. Oft mit Angststörungen, posttraumatischer Belastungsstörung oder Depressionen.

Mögliche Symptome einer Alkoholstörung:

  • Übermäßiger Alkoholkonsum.
  • Starkes Verlangen nach Alkohol.
  • Kontrollverlust nach dem Genuss von Alkohol.
  • Immer höhere Trinkmengen, bis ein Rauschzustand eintritt.
  • Entzugssymptome wie Schwitzen, Angst, Schlafstörungen.

Viele machen eine Alkoholabhängigkeit von mangelnder Willensstärke abhängig, vielmehr ist es jedoch eine schwere seelische Erkrankung, die ohne professionelle Hilfe schwer zu bewältigen ist.

Eine psychische Störung bei einem Familienmitglied?

Egal unter welchen Symptomen Mitglieder deiner Familie leiden, sie sind nicht allein. Und Du auch nicht. Es gibt viele junge Menschen, die in der gleichen Situation sind wie Du und dadurch vor einer enormen Herausforderung stehen.

Eine psychische Erkrankung kann jeden treffen, unabhängig vom Alter, dem Geschlecht oder dem sozialen Stand. Aber manchmal kann es schon helfen, wenn man weiß was los ist, wie sich die/ der Erkrankte fühlt und wie man vielleicht ein wenig unterstützen kann.

Einige hilfreiche Links zu guten Informationsseiten zum Thema körperliche und psychische Krankheiten findest Du unter unserer „Gut zu wissen“ Rubrik.

Quellenangaben:
Seelische Gesundheit
Neurologen und Psychiater im Netz
Psychenet
Psychiatrie.de
Bptk